Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten 2020/21
Der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten ist der größte historische Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler in der Bundesrepublik. Im Turnus von zwei Jahren gehen historisch Interessierte ein halbes Jahr lang intensiv auf Spurensuche in ihrer Heimat, Region oder ihrem eigenen persönlichen Umfeld. Sie finden und erforschen ein individuelles Thema, welches bisher so noch nie untersucht wurde. Ihre Ergebnisse sind oft beeindruckend, denn nicht selten liegen sie am
Ende weit über dem Durchschnitt der üblichen Leistungen Gleichaltriger.
Nachdem das Herder-Gymnasium beim letzten Wettbewerbsdurchgang mit dem Thema „So geht’s nicht weiter. Krise, Umbruch, Aufbruch“ gemeinsam mit dem Europäisches Gymnasium Bertha-von-Suttner den Titel „Beste Schule Berlins“ als Anerkennung für seine Beiträge bekam, waren wir auch diesmal sehr erfolgreich! Von vier eingereichten Wettbewerbsarbeiten wurden zwei mit einem Landespreis geehrt, ein Beitrag erhielt ein Förderpreis.
Die jungen Spurensucher fanden ihre eigene Leitfrage, recherchierten in Büchern und im Internet, sie befragten Zeitzeug*innen, untersuchten historische Quellen in Archiven in Berlin und im Ausland und sie führten Interviews mit Historiker*innen. Aus all diesen Informationen bildeten sie sich ein eigenes Urteil. Ihre Ergebnisse fassten sie abschließend, meist in einer ca. sechzig Seiten umfassenden Arbeit, zusammen.
Nicolas Wollschlaeger und Dincho Chobanov (10f) gingen der Frage nach, inwieweit die Umstrukturierung der Staatlichen Ballettschule Berlin in der jungen DDR Ende der 1950er Jahre, bei der in der Tanzausbildung Ausdruckstanz zugunsten einer Tanzmethode aus der Sowjetunion ersetzt wurde, eine politisch motivierte war. Nahm Politik gezielt Einfluss auf die künstlerische Ausbildung von Kindern und Jugendlichen und wenn ja, warum?
Thore Surburg (10f) wollte heraus nden, wie ein Spandauer Segelflugverein sich nach 1945 unter sehr ungünstigen Voraussetzungen neu gründete- und bis heute erfolgreich fortbesteht. Wie ging man mit den zahlreichen Beschränkungen der Alliierten für Vereine um sowie zusätzlich dem Fakt, dass Segelflugsport im geteilten Berlin für viele Jahrzehnte verboten blieb und damit der Segelflugsport in Berlin praktisch nicht ausgeführt werden konnte?
Taha Mohammad Abdollhania und Anthony Striker (10f) erforschten, was genau es für einen Berliner Ruderverein mit zahlreichen jüdischen Mitglieder*innen ab 1933 bedeutete, den Ruderport unter den starken Repressionen des diktatorischen Systems der Nationalsozialisten auszuüben. Zeigten sich die anderen Mitglieder*innen des Vereins solidarisch mit ihnen oder aber beugten sie sich dem Willen des Systems, in der Hoffnung auf sportlicher Siege, z.B. bei der Olympiade in Berlin 1936?
Martin Jännert (10a) startete, größtenteils bedingt durch die Umstände der schulischen Einschränkungen der Corona-Pandemie, einen Monat vor Wettbewerbsschluss mit einem sehr spannenden Thema. Im Archiv eines Charlottenburger Turn- und Sportvereins entdeckte er fast 400 Feldpostbriefe aus dem Zweiten Weltkrieg von Vereinsmitgliedern, eingezogen als Soldaten an die Front, an denselben. Er fand heraus, dass es ein ausgeklügeltes und regelmäßiges System der Kommunikation zwischen dem Verein und den Frontsoldaten gab, als letztere den Sport nicht mehr aktiv ausüben konnten. Die zahlreichen Dokumente, die er vom Verein zur Verfügung gestellt bekam, sind sehr persönliche. Sie erzählen vom Alltag im Krieg, den Wünschen und Hoffnungen der Soldaten und sie geben einen Einblick in deren Wertevorstellungen.
Wer Interesse daran hat, welche Antworten die jungen Spurensucher auf ihre Fragen fanden, kann dies in ihren Wettbewerbsarbeiten nachlesen. Sie sind über Herrn Hengst einsehbar (Kontakt: hengst@herder-gymnasium.eu).
Wir danken den sechs Forschenden für ihr Engagement und gratulieren den Gewinnern! Die Landespreisverleihung der Körber-Stiftung ndet im September statt. Wir drücken im Anschluss daran den Preisträgern die Daumen, dass sie einen der begehrten ersten drei Bundespreise im November 2021 im Schloss Bellevue durch den Bundespräsidenten überreicht bekommen! Kein einfaches Unterfangen bei bundesweit insgesamt ca. 1300 eingereichten Wettbewerbsbeiträgen...
HN, Juni 2021