Schach-WM Brasilien
- Vielfältig unterwegs
Zwischen dem 27. Oktober und dem 11. November fand in Florianópolis, Brasilien die Jugend-Weltmeisterschaft im Schach statt. Für mich, Lepu Coco Zhou, ein Höhepunkt diesen Jahres. Als Deutsche Meisterin in der Altersklasse U18 weiblich wurde ich als Teilnehmerin nominiert. Mit der Unterstützung der Schule konnte ich trotz Überschneidungen mit dem Unterricht an dieser Meisterschaft teilnehmen. Im folgendem Bericht möchte ich meine Erfahrungen und Ergebnisse teilen. Bei der diesjährigen WM nahmen Spieler aus insgesamt 62 Ländern teil. In meiner Altersklasse U18 weiblich gab es 58 Spielerinnen. Es war meine 4. Weltmeisterschaft und ich hatte an einigen Europameisterschaften teilgenommen, weshalb ich schon Erfahrungen hatte, um das allgemeine Niveau der anderen Spielerinnen einschätzen zu können. Ich hatte mir als realistisches Ziel eine Top 10 Platzierung gesetzt.
Für mich persönlich war das Besondere an dieser WM, dass es das erste Turnier war, für das ich allein auf einen anderen Kontinent gereist bin. Für mich war es am Anfang sehr überfordernd, und es war ein besonderes Gefühl, dass die Entfernung zwischen mir und meinem Zuhause so groß war. Verstärkt wurde dieses Gefühl dadurch, dass es große Unterschiede zwischen Brasilien und Deutschland gibt. Mit der Zeit habe ich mich aber eingelebt, und hatte insgesamt eine schöne Zeit.
Ich war mit zwei weiteren deutschen Spielerinnen im selben, sehr gewöhnungsbedürftigen Zimmer untergebracht. Wir hatten zu dritt einen Raum von etwa 15 qm, doch da standen fünf Betten drin, sodass es sehr eng war. „Da sind nur fünf Betten, weil das sechste nicht mehr reingepasst hat.“ beschreibt die Situation sehr gut. Außerdem war das WLAN sehr schlecht, was jedoch typisch für solche Meisterschaften ist, da die Hotels nicht darauf eingestellt sind, dass Schachspieler aus aller Welt anreisen, die für Vor- und Nachbereitungen das Internet sehr viel benutzen. Auch unser Fenster ließ sich nicht schließen, es gab als Bettdecke nur Laken und es gab die ersten Tage kein warmes Wasser.
Dafür war das Essen, vor allem die Wassermelonen, sehr gut, und man hatte immer Lust darauf. Außerdem gab es eine Klimaanlage im Zimmer, die auch wirklich benötigt wurde, denn es ist zu dieser Zeit Sommer in Brasilien. Wir trugen jeden Tag Sommerklamotten und da Florianópolis am Meer liegt, konnten wir auch mehrmals schwimmen gehen.
Am Turnierort selbst war eine sehr schöne Atmosphäre. Auch gab es immer einen freien Tag, wo wir keine Runde spielen mussten. Einen dieser Tage wollten wir nutzen, eine beliebte Attraktion in Florianópolis, Sandboarding, auszuprobieren. Dieser Plan ging nur halb auf, da es ausgerechnet in dem Moment, wo wir in den Dünen gewandert sind, angefangen hatte stark zu regnen, und Nässe und Sanddünen sind nicht die bequemste Kombination. Vor Ort bin ich erfroren, aber im Nachhinein war das auf jeden Fall ein erzählenswertes Abenteuer.
Nun möchte ich zum Schachlichen überleiten. Bei dieser WM hatte ich mich vor allem darauf fokussiert, nach der Eröffnung (nach den ersten paar Zügen) eine spielbare, interessante Stellung zu haben. Dies hat meistens auch sehr gut funktioniert, so stand ich in gleich 8 der 11 Partien nach der Eröffnung leicht besser. Leider hatte ich bei diesem Turnier öfters Probleme damit, in leicht besseren Stellungen genug Druck zu machen, um zu gewinnen, sodass letztendlich leider vier der acht Partien mit einem Unentschieden endeten.
Aber die Eröffnung ist nicht alles, einmal gewann ich, obwohl die Eröffnung nicht lief, und umgekehrt habe ich auch gute Stellungen verloren. Doch bei dieser Meisterschaft überwogen Situationen, in denen ich trotz einer guten Position nicht gewinnen konnte, sodass ich während des Turniers sehr frustriert war. Nach dem Turnier hatte ich 6,5 Punkte aus 11 Partien und landete auf dem 13. Platz, mit dem Wissen, dass ich mehr hätte erreichen können, sodass ich nicht wirklich zufrieden mit dem Turnier bin.
Doch solche Dinge passieren, und durch die vielen Enttäuschungen nach mehreren Partien habe ich wirklich viel gelernt. Auch habe ich außerschachlich viel gelernt. Zwar lief diese WM nicht gut, aber zum Glück habe ich nächstes Jahr wieder eine Chance, da ich auch nächstes Jahr noch unter 18 bin.
Nach den wirklich spaßigen, lustigen, interessanten, aber nicht gerade einfachen zwei Wochen in Südamerika bin ich glücklich zurück nach Berlin zu fliegen.